Gesichtsreinigung – ein fester Bestandteil der Pflege

17.05.2021
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Die Gesichtsreinigung ist die Basis und der erste Schritt der Hautpflegeroutine. Häufig als nötiges Übel dargestellt, bietet sie großes Potenzial und kann der Schlüssel für den Erfolg und Misserfolg einer Hautpflegeroutine sein. Kommen hautbildbezogene Produkte zum Einsatz, ist die Hautreinigung nicht nur der Anfang oder die Vorbereitung der Pflege, sondern kann als ihr fester Bestandteil angesehen werden.

Vorrangig bietet dieser Pflegeschritt, was er verspricht: Make-up, Schweiß, Talg und Umwelteinflüsse werden entfernt und so die Aufnahmefähigkeit der Haut positiv beeinflusst. Reinigungsprodukte machen aber nicht nur sauber, die Reinigung kann auch genutzt werden, um auf Zell-ebene gezielte Effekte und Wirkungen zu erzielen. Besonders spannend ist zu beobachten, wie die gezielte Auswahl der galenischen Form des Produkts (Schaum, Syndet, O/W-Emulsion, Öl) in Kombination mit den enthaltenen Wirkstoffen ganz unterschiedliche Effekte hervorbringt. Wie eine Reinigung wirken soll, ist also steuerbar. Besonders bei einer professionellen Kosmetikanwendung ist sie der Schlüssel zum Erfolg und längst nicht mehr nur Mittel zum Zweck, sondern der Fokus vieler Behandlungen.

Sauber, aber sanft zur Barriere

Lange standen die Verwendung von Gesichtsreinigungsprodukten und eine unversehrte Hautbarriere in Widerstand. Scharfe Tenside, die die Proteine und Lipide der Haut angreifen, aggressive mechanische Peelings und das „overcleansing“ des Gesichts schadeten dem Ruf der Reinigung und natürlich auch der Gesichtshaut. Durch die weiterentwickelte Kosmetiktechnologie setzen die Hersteller auf Tenside, die sowohl mit Hautfetten als auch mit Hautproteinen nur minimal interagieren und daher besonders mild sind. Als Faustregel gilt: Kurzkettige Tenside (zum Beispiel Natriumlaurylsulfat) können vor allem bei längerer Exposition irritieren, da es zu einer Reaktion mit hauteigenen Proteinen kommt. Langkettige Tenside und Tenside auf Zuckerbasis weisen eine bessere Verträglichkeit auf.

Neben der Wahl der Tenside ist auch der pH-Wert des Produkts eine weitere Variable, die ein Reinigungsprodukt einerseits besonders mild, andererseits aber auch sehr reizend und Barriere-schädigend wirken lassen kann. Forschungen zeigen, dass Präparate mit einem hohen pH-Wert die Quellung des Stratum corneum erhöhen und die Integrität der Lipide verändern können, und das selbst in Abwesenheit von Tensiden. Reinigungsprodukte mit einem hautneutralen und teils noch acideren pH-Wert sind daher potenziell weniger schädlich für die Hautbarriere.

Reinigen – aber wie oft?

Für die Anwendung von Reinigungsprodukten zu Hause gilt: zweimal täglich. Wobei der Fokus der Empfehlungen häufig immer noch auf der abendlichen Gesichtsreinigung liegt. Diese ist auch wesentlich, um sich „den Tag vom Gesicht zu waschen“ und die Haut auf Regenerationsprozesse der Nacht vorzubereiten. Trotzdem ist die morgendliche Reinigung für eine vollständige Pflegeroutine bedeutsam. Denn Nacht für Nacht gibt unser Körper circa einen halben Liter Schweiß ab. Ein Teil der Schweißrückstände befindet sich auch in unserem Gesicht. Dieser sollten morgens abgewaschen werden. Vergleichbar mit der Dusche am Morgen, erfrischt auch die Gesichtsreinigung die Haut.

Von Emulsion bis Öl

Die Wahl des Reinigungsprodukts ist in erster Linie von der Indikation beziehungsweise dem jeweiligen Hautbild und daraus resultierenden Hautbedürfnis abhängig. Auch der Kundentyp beziehungsweise Kundenwunsch spielen bei der Wahl eine wichtige Rolle. So benötigen zum Beispiel Kundinnen, die regelmäßig (wasserfestes) Make-up tragen, ein Produkt mit einer höheren Reinigungsleistung. Bei männlichen Kunden soll die Hautpflegeroutine in der Regel schnell und unkompliziert anwendbar sein. Daher empfehlen sich Syndets/Waschgele, die zum Beispiel einfach unter der Dusche angewendet werden können.

Reinigungsmilch/-Emulsion

Der Klassiker unter den Reinigungsprodukten bietet eine gute Synergie aus Reinigungsleistung und pflegenden Eigenschaften. Speziell feuchtigkeitsarme, reizempfindliche, aber auch gefäßlabile Hautbilder profitieren von dieser Formulierung. Die Produkte enthalten häufig beruhigende, ausgleichende und hydratisierende Wirkstoffe wie Bisabolol, Glycerin, Hyaluronsäure und gleichzeitig pflegende (natürliche) Öle. Eine Reinigungsemulsion/-milch bietet darüber hinaus den Vorteil, dass sich auch hartnäckiges Make-up gut entfernen lässt und kann häufig auch im Augenbereich angewendet werden.

Reinigungsöl

Wasserfeste Make-up-Produkte lassen sich durch Öle besonders einfach entfernen, denn die Öle absorbieren Öl-ähnliche Bestandteile aus dem Make-up, und auch der Talg lässt sich binden. Diese Produkte bieten besonders für trockene (lipidarme), reizempfindliche Hautbilder einen Vorteil: Die rückfettenden und pflegenden Eigenschaften sorgen nach der Reinigung für eine geschmeidige und gut versorgte Haut, die nicht spannt. Bei der Wahl des Reinigungsöls sollte auf die INCI geachtet werden und Produkte mit natürlichen und hautverwandten Bestandteilen sollten synthetischen oder Mineralölen vorgezogen werden.

Reinigungsschaum

Die mikrofeinen Texturen ermöglichen eine Reinigung ohne Reibung. Gebrauchsfertige Schaumformulierungen sind besonders einfach in der Handhabung, sie müssen nicht extra aufemulgiert/aufgeschäumt werden und sind sozusagen „ready to use“. Besonders bei seborrhoischer und unreiner Haut ist der Reinigungsschaum ein häufig und gern verwendetes Produkt.

Reinigungssyndet

Seifenfreie Waschlotionen bieten im Vergleich zu herkömmlichen Seifen den Vorteil des für die Haut optimierten pH-Wertes. Sie eignen sich vor allem als Einstiegsreinigungsprodukt und sind in der Regel für alle Hautbilder geeignet.

Stichwort: Double Cleansing

Die Effektivität der Gesichtsreinigung ist zu einem großen Teil auch vom Einsatz eines Gesichtswassers (Tonic, Toner) abhängig. Es erhöht die Aufnahmefähigkeit für die nachfolgenden Wirkstoffe und dient als eine Art „Pflegevorbereiter“. Das Gesichtswasser ist nicht nur der Abschluss der Reinigung, es entfernt auch auf der Haut verbliebene Reste des Reinigungspräparats sowie Make-up, das durch die eigentliche Reinigung nicht entfernt werden konnte. Darüber hinaus werden mit diesem zweiten Schritt Kalkrückstände entfernt. Kalk entsteht, wenn sich Calcium- und Magnesiumbestandteile des Wassers verbinden. Je härter das Wasser, desto mehr gelöste Calcium- und Magnesiumverbindungen sind vorzufinden. Die in hartem Leitungswasser enthaltenen Mineralien trocknen die Haut aus und begünstigen die Entstehung von Ekzemen. Bei besonders trockener und spröder Haut können die Mineralrückstände in die Mikrorisse der Haut eindringen und inflammatorische Prozesse begünstigen.

Der Einsatz eines Gesichtswassers bietet noch einen weiteren Vorteil: pH-Wert-optimierte Produkte regulieren nach dem Kontakt mit Wasser den aciden pH-Wert des Stratum corneum wieder in den physiologischen Bereich und stärken so den Hydrolipidfilm. Es bietet darüber hinaus nicht nur einen „nachreinigenden“ Effekt, sondern kann durch speziell enthaltene Inhaltsstoffe definierte Wirkungen erzielen. So hat beispielsweise Hamamelis-Extrakt einen adstringierenden Effekt und ist daher sinnvoll bei großporiger Haut. Betahydroxy-Säuren hingegen können keratoplastische und antiinflammatorische Wirkungen erzielen und sind so bei verhornter Haut sinnvoll.

Intensivreinigung im Institut

Im Rahmen der professionell durchgeführten Kosmetikbehandlung bietet die Gesichtsreinigung ein erweitertes Wirkspektrum. Geräte wie die Mikro-/Hydroabrasion, Reinigungsbürsten oder der Skinscrubber bieten eine intensivierte keratolytische Wirkung. Ultraschall-Geräte können die Wirksamkeit einiger Reinigungsprodukte intensivieren und erhöhen zugleich die Aufnahmefähigkeit der Haut. Aber auch die verschiedenen Peelingarten (mechanisch, biologisch/enzymatisch und chemisch) im Institut reinigen nicht nur intensiver als die Produkte zu Hause. Auch durch ihre höheren Einsatzkonzentrationen haben sie keratolytische Eigenschaften, um Korneozyten zu lösen. Besonders chemische Peelings haben darüber hinaus auch regenerative und zellerneuernde Wirkungen.

Quellen:Abbas, S., Weiss Goldberg, J., and Massaro M.: „Personal cleanser technology and clinical performance.“ Dermatologic therapy 17 (2004): 35–42.Ananthapadmanabhan K. P. et al.: „Cleansing without compromise: the impact of cleansers on the skin barrier and the technology of mild cleansing.“ Dermatologic therapy 17 (2004): 16–25.Bikowski, J.: „The use of cleansers as therapeutic concomitants in various dermatologic disorders.“ Cutis 68.5 Suppl (2001): 12–19.

Subramanyan, K.: „Role of mild cleansing in the management of patient skin.“ Dermatologic Therapy 17 (2004): 26–34.

Foto: Autorin

Anna Tersteeg, Kosmetikwissenschaftlerin (M. Ed.), Leiterin des Kos-Wis- und Seminarbereichs der Marke Aesthetico (Medicos Kosmetik), Münster

www.aesthetico.de

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