Hautkrebsgefahr im Nagelstudio?

16.10.2018
Foto: Yevhen Prozhyrko/Shutterstock.com

Wir haben dazu Dr. med. Hans-Ulrich Voigt befragt. Der Facharzt für Dermatologie, Allergologie, Phlebologie und ambulante Operationen ist Gründer und Eigentümer des Haut- und Laserzentrums „Dermatologie am Dom“ in München.

NAILPRO: UV-A-Licht wird als krebserregend eingestuft, allerdings in Abhängigkeit von Dauer und Stärke der Bestrahlung. Was heißt das?

Dr. Hans-Ulrich Voigt: Das langwellige UV-A-Licht ist an sich weniger gefährlich als das kurzwellige UV-B-Licht. Es verstärkt in erster Linie die krebs­auslösende Wirkung des UV-B-Lichts. Aber in hohen Dosen kann es auch selbst krebsfördernd sein, weshalb der Solariumbesuch für Jugendliche unter 18 Jahren in Deutschland verboten wurde.

Die Gefahr durch die Strahlung der UV-Lampen in Nagelstudios wird von Wissenschaftlern sehr unterschiedlich eingeschätzt. Wie sehen Sie das?

Da die bestrahlte Fläche klein und die UV-Belichtungszeit kurz ist und die Kundinnen nur alle sechs bis acht Wochen ins Nagelstudio gehen, halte ich das Risiko einer Krebsauslösung für die Kundinnen für gering. Für die Nageldesignerinnen, die den ganzen Tag dem UV-Licht ausgesetzt sind, ist das Risiko höher, weshalb sie sich auch stärker schützen sollten. Der mögliche Zusammenhang zwischen den UV-Lampen im Nagelstudio und der Entstehung von Hautkrebs wird in der Fachwelt derzeit allerdings sehr kontrovers diskutiert. Für ein geringes Krebsrisiko sprechen nach Ansicht einiger Wissenschaftler folgende Ergebnisse: Nach einem mathematischen Modell müssten zehn- oder gar hunderttausend Individuen regelmäßig eine der üblichen UV-Lampen verwenden, bis sich bei einer Person ein Hautkrebskarzinom auf dem Handrücken entwickeln würde. Eine wissenschaftliche Untersuchung kommt zudem zu dem Schluss, dass 13.700 Sitzungen mit starken bis mittelstarken UV-Lampen gleichzusetzen sind mit der Belastung, die bei einer einzigen Phototherapie-Anwendung zur Behandlung von Hauterkrankungen wie Schuppenflechte entsteht.

Was sagen Sie zu dieser Theorie?

Das Schädigungspotenzial durch die UV-A-Belichtung im Nagelstudio schätze ich tatsächlich für gering ein.

Andere Stimmen warnen, das Risiko nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Denn, so das Fazit einer Studie, nur zehn Minuten Bestrahlung mit der UV-Lampe entsprechen annähernd der empfohlenen maximalen Strahlendosis eines ganzen Tags. Eine andere Untersuchung kommt zu dem Schluss, dass es je nach verwendeter Lampe bereits nach acht Nagelstudiobesuchen zu DNA-Schädigungen kommen kann. Problematisch kann auch eine ungleiche Verteilung der Strahlung mit sehr unterschiedlichen UV-A-Dosen an verschiedenen Hautstellen sein.

Wie schätzen Sie diese Aussagen ein?

Ähnliche Diskussionen gab es über das Hautkrebsrisiko durch UV-A-Licht, das durch die Autoscheiben (zumindest Seitenscheiben) gelangt. Auch hier sind zwar vermehrt Lichtschäden wie vor allem vorzeitige Hautalterung auf der linken Gesichtshälfte und am linken Arm (bei Linkslenkern) beschrieben, das Hautkrebsrisiko scheint dagegen nicht signifikant erhöht zu sein. Ich halte das Risiko, wie gesagt, für gering. Dennoch ist es sinnvoll, die Hände mit einem starken Lichtschutzmittel zu schützen, um jegliches Risiko auszuschalten oder zu minimieren.

Alle Wissenschaftler empfehlen Schutzmaßnahmen. Auch der Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums hat sich dem jetzt angeschlossen. Was empfehlen Sie?

Die Nageldesignerinnen sollten sich mit Handschuhen und einer UV-Schutzbrille vor den Strahlen schützen. Für die Kundinnen wäre das Auftragen eines Lichtschutzmittels mit einem hohen chemischen Lichtschutzfaktor (50+) auf den Händen eine Stunde vor der Behandlung empfehlenswert.

Dr. Susanne Weg-Remers, Leiterin des Krebsinformationsdiensts, rät den Kundinnen, beim Besuch im Nagelstudio zudem fingerlose Handschuhe zu tragen. Was halten Sie davon?

Lichtschutzmittel mit hohem Schutz im UV-A-Bereich sind ausreichend.

In einem Punkt sind sich aber alle Wissenschaftler einig: So lang keine abschließenden Ergebnisse vorliegen, sollten auf jeden Fall die empfohlenen Schutzmaßnahmen getroffen werden. Was raten Sie?

Diese Aussage unterstütze ich voll und ganz.

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