Volkskrankheit Fußpilz

20.12.2011

Fußpilz ist die häufigste Hauterkrankung überhaupt. Schätzungen gehen davon aus, dass fast 32 Prozent aller Bürger in Europa von Fuß- oder Nagelpilz betroffen sind. Regelmäßige Fußpflege trägt dazu bei, das Risiko zu mindern, rät Professor Dr. med Isaak Effendy, Chefarzt der Hautklinik Bielefeld. Wichtig sei, dass sie regelmäßig und richtig betrieben wird.

Das Eincremen der Füße mit geeigneten Fußpflegepräparaten dient primär dazu, den Selbstschutz der Haut zu unterstützen. So verbessern Fett und Feuchtigkeit die Barriereleistung der Haut gegen Pilze und andere Keime. Auch antimikrobiell wirkende ätherische Öle wie Rosmarinöl, Lavendelöl oder Eukalyptusöl sowie Anti-Pilz-Wirkstoffe wie Climbazol schützen in Verbindung mit der Pflegeformel vor Fußpilz. Die wichtigsten Fragen rund um das Thema Pilzschutz beantwortet Professor Dr. med Isaak Effendy im folgenden Interview.

Herr Professor Effendy, warum kommt es so häufig zu Fußpilzinfektionen?

Ein Grund ist die einfache Übertragung. Sie erfolgt gewöhnlich von Mensch zu Mensch. Dabei können Hautpilze jedoch zwischendurch auf Gegenständen wie Schuhen, Strümpfen oder Fußböden viele Monate lang überdauern. Ansteckungsmöglichkeiten sind folglich überall dort gegeben, wo barfuß gehende Personen in Kontakt mit infektiösen Hautschüppchen geraten, vor allem in Saunen, Schwimmbädern, Duschräumen, Umkleidekabinen und selbst in Schuhgeschäften beim Anprobieren verkaufsneuer Schuhe.

Ein wichtiger Aspekt ist: Bei wem kommt es zu Fußpilzinfektionen? Eine erhöhte Pilzkonzentration geht zwar mit einem erhöhten Infektionsrisiko einher. Aber deshalb erleidet nicht jeder, der diesen Pilzen ausgesetzt ist, gleich eine Pilzinfektion. Neben der generellen Infektabwehr kommt es vor allem auf die Hautverhältnisse an. Eine gesunde und intakte Haut wird sich nicht leicht infizieren. Dagegen ist das Risiko bei Patienten höher, die krankheits- oder hygienebedingt Hautprobleme am Fuß haben. Bei vielen Diabetikern ist dies etwa der Fall, weshalb Fußpilz bei ihnen häufig zu beobachten ist.

Kann man sich angesichts der hohen Prävalenzzahlen denn überhaupt effektiv vor Fuß- und Nagelpilz schützen?

Gesunde Haut ist der zuverlässigste Schutz vor Pilzinfektionen. Die Hautbarriere muss intakt sein, das heißt weder trocken und rissig noch zu feucht und aufgequollen. Bei fast allen Patienten mit Fußpilz ist zu beobachten, dass sie die Haut nicht ausreichend beziehungsweise nicht mit den geeigneten Maßnahmen pflegen und damit der Infektion Vorschub leisten. Regelmäßige und richtige Fußpflege ist daher ein unbedingtes Erfordernis. Dies gilt schon deshalb, weil die Fußsohle zwar über keine Talgdrüsen, aber über sehr viele Schweißdrüsen verfügt. Der sich aus den Hautlipiden in Verbindung mit Schweiß bildende Oberflächenfilm ist hier geringer ausgeprägt. Wo der Oberflächenfilm durch starke Trockenheit oder übermäßige Feuchtigkeit zum Beispiel in den Zehenzwischenräumen gestört ist, fehlt auch der primäre Schutzfaktor gegen Pilze und Keime. Umso wichtiger ist dann die eigentliche Hautbarriere, die aus epidermal gebildeten Lipiden und gebundener Feuchtigkeit besteht.

Welche Voraussetzungen sollten also für Fußpflegepräparate bestehen?

Neben den barrierestabilisierenden Eigenschaften der Cremegrundlage und hier vor allem einer ausgewogenen Hydrolipidbalance spielt die Zusammensetzung der Inhaltsstoffe eine wichtige Rolle. Beispielsweise können antimycetisch wirksame Zusätze in der Rezeptur eine sinnvolle Ergänzung sein. Feuchthaltesubstanzen und Lipide stabilisieren die Hautbarriere und machen sie widerstandsfähig gegen Pilze und Keime. Bei dauerhaft belasteter Haut, etwa der eines Diabetikers, in gleicher Weise aber auch der eines gesunden Sportlers, kann es jedoch immer zu kleineren Verletzungen und Einrissen kommen, in denen sich Pilze vermehren. Das gleiche Problem haben Menschen, bei denen sich Schweiß am Fuß und zwischen den Zehen ansammelt. Durch das feuchtwarme Klima vermehren sich die Pilze ebenfalls rasant. In all diesen Fällen, die mit einer erhöhten Pilzbesiedelung einhergehen, können antimycetische Zusätze in den Pflegemitteln den Pilzschutz ergänzen.

Können Sie Beispiele nennen?

Infrage kommen bestimmte Azolderivate wie Climbazol und Clotrimazol. Azole besitzen eine sehr lange Tradition in der Bekämpfung von Pilzerregern. Sie hemmen unter anderem die Ergosterolsynthese. Ergosterol ist ein Hauptbestandteil in der Pilzmembran und wichtig für das Pilzwachstum und die Vermehrung. Andere Schutzstoffe liefert uns die Natur in Form ätherischer Öle. Die ätherischen Komponenten der Pflanzenöle dienen in der Natur nicht nur als Duft- und Lockstoffe. Sie schützen die Flora auch vor Angriffen durch Bakterien, Pilze und Viren. Der Mensch kann sich diesen Schutz zunutze machen. Gegen verschiedene Hefen, Schimmelpilze und Dermatophyten wirken Rosmarinöl, Lavendelöl und Eukalyptusöl.

Braucht man also nur auf die Inhaltsstoffe zu achten?

Ganz so einfach ist es leider nicht. Risikopatienten sind gut beraten, wenn sie auf bewährte Qualität setzen, wie es sie zum Beispiel im Fachhandel zu kaufen gibt. Klar wäre es einfach, im Discounter zu einem günstigen Produkt zu greifen, das laut Auszeichnung Rosmarin- oder Lavendelöl enthält. Aber erstens wissen die Patienten dann gar nicht, welche Qualität die Inhaltsstoffe haben. Gerade bei ätherischen Ölen gibt es Unterschiede in der Herstellung und beim Reinheitsgehalt, die sich in der Qualität widerspiegeln.

Das ist aber nur der eine Aspekt. Ebenso wie in der Medizin spielt auch in der Kosmetik ein weiterer Aspekt eine wichtige, wenn nicht sogar die entscheidende Rolle. Ich spreche von Galenik. Das ist die Art und Weise, wie ein Präparat zubereitet wird. Zu ihr gehören die Kombination unterschiedlicher Inhaltsstoffe und deren Zusammenspiel. Hieraus ergeben sich vielfältige Rezeptursynergien, die es erlauben, auch im für Kosmetika zulässigen Dosisbereich der Inhaltsstoffe eine optimale Wirkung zu erzielen. Dazu gehört ferner ein geeignetes Trägersystem (Vehikel), das die wirksamen Bestandteile transportiert und zum richtigen Zeitpunkt und am richtigen Ort auf oder in der Haut freisetzt. Gute Galenik muss jedoch erforscht werden und ist in der Herstellung aufwendig. Unterm Strich heißt das: Die Qualität einer Rezeptur lässt sich aus der Wirkstoffliste allein nicht ablesen. Patienten sind darauf angewiesen, in der Wahl des richtigen Produktes beraten zu werden.

Wer kann diese Beratung durchführen?

Sachgerechte Hautpflege ist ein grundlegendes Erfordernis zur Vermeidung von Pilzerkrankungen für alle Patienten, die Hautprobleme am Fuß aufweisen. Für eine kompetente Pflegeberatung sind Fußpfleger und Podologen sowie Hautärzte wichtige Adressen. Dermatologen und Fußspezialisten haben ein geschultes Auge für den Hautzustand ihrer Patienten, können also auf Basis der Anamnese und Sichtinspektion beurteilen, ob ein erhöhtes Pilzrisiko vorliegt. Viele Fußpflegepraxen verfügen wiederum über ein breites, teils exklusives Produktsortiment, aus dem sie – passend zum Hautzustand ihrer Patienten – geeignete Präparate mit Pilzschutz auswählen können. Schließlich sind sie aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung auch kompetent in der Beratungsleistung, das heißt sie können ihren Patienten den Wirkschutz der Präparate erklären.

Herr Professor Effendy, vielen Dank für das Gespräch.

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