Bindungen aufbauen

16.11.2022
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Mithilfe von Freundlichkeit und Small Talk zu einer stärkeren Kundenbeziehung – Die einen sagen, es geht nur um oberflächliche Gespräche ohne Tiefgang. Andere wiederum glauben fest daran, dass die leichte Konversation zwischen Kunde und Dienstleister die gemeinsame Beziehung stärkt. Wie Sie zukünftig mit Leichtigkeit schöne Gespräche und mehr Nähe zu Ihren Kunden aufbauen, erfahren Sie hier.

Sind Sie selbst etwas introvertiert? Dann finden Sie Small Talk sicher anstrengend und gehen ihm gern aus dem Weg. Trotz dem fehlenden Tiefgang hat die leichte Plauderei aber durchaus seine Berechtigung. Zwischenmenschliche Kontakte sind das „soziale Schmiermittel“ und verbessern auch Ihr eigenes Wohlbefinden. Die Übereinstimmung zwischen der Kundenmeinung mit Ihrer kann entspannend sein. Einer britischen Studie zufolge führt die jüngere Generation selten und ungern Small Talk und vermeidet das gesprochene Wort, besonders im Business.

Man ist zu sehr mit sich selbst beschäftigt – die harmlose Plauderei ist eine fehlende Kompetenz für viele Kosmetikerinnen.

Der Kunde zuerst

Fängt der Kunde mit einem Thema an, denken Sie gleich, was Sie selbst dazu sagen können. Aber warum eigentlich? Besser wäre es, wenn Sie zunächst die Story des Kunden kommentieren, positiv bewerten, oder Details hinterfragen. Inhalte durch aktives Zuhören aufnehmen, ist der erste Schritt. Es ist für Sie viel einfacher, sich an das Thema des Kunden „anzudocken“ und nicht gleich selbst von sich zu erzählen. Sie dürfen durchaus den Mut zur Wissenslücke haben, wenn ein Thema an der Reihe ist, zu dem Sie nicht viel beitragen können.

Small talk-Themen

Der Lyriker Friedrich Georg Jünger sagte einst: „Sprich mit den Leuten über das, was sie interessiert: mit dem Jäger über die Jagd, mit dem Fischer über den Fischfang und dem Winzer über den Weinanbau.“

Das Thema Gesundheit und Körperpflege gibt immer ein gutes Gespräch. Es gilt nur den ersten Schritt zu wagen, einen Kontakt im richtigen Moment zu starten. Smalltalk ist kein Storytelling, es ist keine Zeit für endlose Gespräche.

Aber Vorsicht!

Ihre Konzentration bei der Behandlung könnte unter einem allzu intensiven Smalltalk leiden. Zumindest kann die anstehende Behandlung im „Multitasking“-Modus schwieriger für Sie werden.

Es geht darum, in einem kurzen Gespräch sympathisch zu wirken, ein Wir-Gefühl zu schaffen (der Kunde uns Sie, ein sympathisches Duo). Man kommt sich näher, vielleicht schafft man es zum Du-Kontakt. Gesprächsinhalte aus dem Smalltalk verankern sich bei Ihnen und dem Kunden im Langzeitgedächtnis, oft kann sich der Kunde beim nächsten Besuch noch an ein Thema erinnern. Beliebte Themen, mit denen Sie oder der Kunde beginnen können sind: Wetter, Urlaub, die letzte Behandlung, Wohlbefinden des Kunden, Ihre Produkte und/oder Ihre Behandlungsmethoden. Es gibt natürlich auch Tabuthemen, zum Beispiel Politik, Religion oder ganz Privates. Da kann man schnell ins Fettnäpfchen treten.

Praxisbeispiel

Eine Ihrer Stammkundinnen erzählt Ihnen während der Behandlung, dass ihr Ehemann sich von ihr trennen will, weil er eine andere kennengelernt hat. Sie erwidern: „Das kann mir nicht passieren, ich bin Single.“ Von Empathie keine Spur, eine misslungene Reaktion beim Small Talk. Einfühlungsvermögen durch Anteilnahme hört sich anders an, auch wenn man selbst ledig ist.

Nur Mut zum Gespräch

Bei Neu- und Erstkunden ist der Small Talk mit einem Kaltstart zu vergleichen, wenn der Sportler vergisst, sich im Winter erst aufzuwärmen, bevor er joggt. Einem Neukunden können Sie Einstiegsfragen stellen: „Wie kommen Sie auf uns?“, „Haben Sie uns gut gefunden?“, „Waren Sie schon in anderen Instituten?“, „Kennen Sie die Pflegeprodukte XY?“ oder: „Möchten Sie etwas Hintergrundmusik?“.

Nach dem ersten Anlauf weiß man noch nicht, ob der andere einsteigen will. Wenn jemand Superkleber zwischen den Zähnen hat, hat der beste Gesprächsführer keine Chance. Das Bedürfnis nach ein paar Worten muss von innen heraus kommen, alles andere wirkt verkrampft. Mit Stammkunden ist es einfacher, einen Talk zu beginnen, man kennt sich gut, eine ideale Startposition.

Eine Frage der Empathie

Mit Empathie nehmen Sie die Gedanken und Gefühle des Kunden ohne Vorurteile wahr. Es darf Sie nicht stören, wenn Kunden bei ihren Erzählungen ausführlich sind und dabei übertreiben. Sie sollten nie eine Story anzweifeln, auch wenn sie kaum glaubhaft ist. Ihr Kunde will Ihr Einfühlungsvermögen, Sie müssen die Situation nicht aus Ihrer Sicht verstehen. Empathie vermittelt Wertschätzung und Anerkennung und ist die wichtigste Voraussetzung, mit der Sie aktiv Beziehungen aufbauen oder vorhandene festigen. Überlegen Sie nicht automatisch, ob sie nicht eine ähnliche Situation erlebt haben wie der Kunde.

Empathisches Reagieren heißt, dass Sie sich zunächst voll zurücknehmen. Ganz schlecht ist es, gute Ratschläge zu geben: „Da hätte ich an Ihrer Stelle aber Folgendes getan …“, „Das dürfen Sie sich aber nicht gefallen lassen, weil …“, „Da hätte ich anders reagiert, und zwar …“. Appelle wirken schulmeisterhaft, hören sich an wie eine Belehrung und im Extremfall wie Kritik.

Erst wenn guter Rat ausdrücklich gefragt wird, ist er hilfreich. Wenn Sie dem Kunden recht geben, machen Sie sich sympathisch, aber machen Sie das nicht mit der Gießkanne.

Ehrliches Mitgefühl

Worte der Anteilnahme sollten Ihrer inneren Einstellung entsprechen. Ein aufgesetztes „Das tut mir leid“ wird schnell durchschaut. Wenn Sie Wahrnehmung und Wertschätzung zeigen, fallen Ihnen andere Formulierungen ein, die glaubwürdiger wirken.

Gehören Sie zu den gefühlsstarken Personen? Dann können Sie sich sicher gut in die emotionale Situation eines anderen versetzen. Kunden, die sich offenbaren und ihre Gefühle transparent machen, zeigen Vertrauen zu Ihnen. Das ist ein positives Signal, vor allem wenn sie beim nächsten Besuch bei Ihnen vorsichtig an die Story vom letzten Mal anknüpfen. Das Gleiche können Sie andersrum auch tun. Sich mit Anteilnahme und Verständnis zu äußern, ist schon „die halbe Miete“ und erleichtert die Situation für Ihren Kunden, auch wenn Sie ihnen bei dem Thema selbst nicht helfen können. Ein „Verstehe ich“ ist meist besser als ein „Das tut mir leid“.

Gesprächsvoraussetzungen

Sind Sie kommunikativ? Dann müssen Sie sich nicht viel Mühe für einen Kontakt geben. Können Sie auch bei nicht so interessanten Themen gut zuhören? Dann gehören Sie zu den Menschen, denen der Kunde gern etwas berichtet. Wer zuhört, erhält Bonuspunkte.

Kommt Ihre Ausstrahlung gegenüber Ihren Kunden von Herzen, wirkt sie authentisch und nachhaltig. Bei einem schwierigen Kundenthema hat sich die sogenannte Selbstkommunikation bewährt. Wenn Sie ein auftretendes Stimmungstief feststellen, fragen Sie sich einmal selbst, weshalb Sie auf dieses Thema so reagieren. Die gedankliche Verarbeitung ist entscheidend für die weitere Entwicklung Ihrer Emotionen und damit auch für das, was Sie an Ihre Kundschaft aussenden.

Foto: Autor
Rolf Leicher

Der Diplom-Betriebswirt aus Heidelberg ist Fachautor für Betriebs- und Personalführung sowie Marketing.

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