Weiterbildung zur onkologischen Kosmetikerin

29.09.2020
Foto: VGstockstudio/Shutterstock.com

Etwa eine halbe Million Menschen erkranken jedes Jahr in Deutschland an Krebs. Die Therapien greifen häufig nicht nur die Krankheit, sondern auch die gesunde Haut an, was die Patientinnen zusätzlich belastet. Hier können Sie als Kosmetikerin helfen. Über die Besonderheiten der onkologischen Kosmetik berichtet uns Dozentin Kerstin Schmid-Siklic.


Kerstin Schmid-Siklic ist Dozentin für onkologisch-kosmetische Weiterbildung, Kommunikationstrainerin und Marketing-Referentin. Sie ist Urheberin des PPE-Spezialisten und der Onkoflage-Technik. Seit 2018 ist sie stellvertretende Geschäftsführerin der Firma Cloverline Medizin und Praxisprodukte sowie Leiterin des Medizinischen Schulungszentrums Desiderm Germany.

BEAUTY FORUM: Frau Schmid-Siklic, warum sollte sich eine Kosmetikerin zur onkologischen Kosmetikerin weiterbilden?

Kerstin Schmid-Siklic: Für die Betroffenen ist neben der medizinischen Versorgung die Gesunderhaltung der Haut aufgrund der begleitenden Haut- und Schleimhaut-Nebenwirkungen durch Zyto-statika ein ganz wichtiger Faktor! Wenn man das Wort Krebserkrankung hört, ist der erste Gedanke auch heute noch Haarverlust und Erbrechen. Inzwischen gibt es aber auch Therapien, die weder einen Haarverlust noch ein dauerhaftes Unwohlsein hervorrufen.
Doch diese Therapien verursachen weiterhin starke Hautprobleme?
Ja, und das Auftreten von unreiner Haut, dem Hand-Fuß-Syndrom oder extrem starke Nagelveränderungen, Schleimhaut-Entzündungen in Mund und Rachenraum oder im Intimbereich belasten die Patienten nach wie vor stark. Umso wichtiger ist es, eine Anlaufstelle für diese Haut-Nebenwirkungen zu haben. Die onkologische Kosmetikerin beschäftigt sich mit der Hautgesunderhaltung und Prävention.

Was genau versteht man unter einer Onko-Akne?

Während einer Krebsbehandlung kann es zu vielzähligen unerwünschten Nebenwirkungen kommen, wie zum Beispiel trockene, sensible und sich abschälende Haut, Juckreiz und Rötungen, Ausschläge, das Hand-Fuß-Syndrom, aber auch Entzündungen wie Follikulitis. 70 bis 80 Prozent der Patienten entwickeln nach ca. zwei bis vier Wochen Chemotherapie eine Entzündung der Follikel, extreme Unreinheiten im Gesicht, aber auch an Hals, Dekolleté und Rücken.

Was genau ist denn das Besondere an diesen Hautproblemen? Was muss man darüber wissen?

Wichtig zu wissen ist, dass die Onko-Akne nicht wie die klassische Akne behandelt werden darf, auch wenn sie ihr ähnlich ist, daher empfiehlt sich bei einer Onko-Akne eine besondere Behandlungsmethode bei einer speziell ausgebildeten onkologischen Kosmetikerin.

Welche Behandlungsmöglichkeiten hat die onkologische Kosmetikerin in der Kabine?

Angefangen von speziellen Vliesmasken Seren, Wickel bis hin zum Stammzellserum für die aufgerissene Nagelhaut bietet die onkologische Kosmetikerin bereits präventiv, vor dem ersten Chemozyklus, eine optimale Unterstützung.

Warum sollte jede Kosmetikerin, die Kunden mit einer Hautnebenwirkung durch Chemo- oder Strahlentherapie behandeln möchte, zunächst eine entsprechende Weiterbildung besuchen?

Die Haut von Krebspatienten ist sehr sensibel, irritiert und die Barriere-schicht ist sehr oft zerstört. Aus diesem Grund unterliegt die onkologisch-kosmetische Behandlung strengen Hygiene-Vorschriften und gezielter Pflege und hat rein gar nichts mit der klassischen Kosmetik zu tun.

Worauf sollte die Kosmetikerin bei der Auswahl der Schulung achten?

Inzwischen gibt es verschiedene Anlaufstellen, die den Bereich Onkologie und Kosmetik in ihre Ausbildung mit aufgenommen haben. Wichtig dabei ist es, dass der oder die Dozentin bereits Erfahrungen mit der Behandlung in der Kabine und mit einer onkologisch veränderten Haut hat. Leider ist es auch in der onkologischen Kosmetik wie in jeder anderen Branche, dass es Anbieter gibt, die mit viel Engagement und Know-how bereits seit Jahren am Markt tätig sind, und solche, die diese Zielgruppe lediglich als neue Umsatzquelle sehen.

Wie kann ich als Interessent feststellen, wer der richtige Anbieter für mich ist?

Es empfiehlt sich, im Vorfeld zu recherchieren, ob es sich um eine klassische Wellness-Academy handelt, die jeden Bereich von Kosmetik bis hin zu Wellness bedient, oder um einen Anbieter, der sich ausschließlich auf den medizinisch-kosmetischen Bereich und vor allem auf die Zielgruppe Chemo- und Strahlenpatienten spezialisiert hat!

Wie sehen die Chancen aus, nach der Weiterbildung Kunden zu gewinnen?

Bei einer derzeitigen Neuerkrankungsrate von 492.000 Patienten pro Jahr alleine in Deutschland beantwortet sich die Frage wohl von selbst. Dennoch darf man sagen, ein Kosmetik-, Nagel- oder Fußpflege-Institut ist immer so gut frequentiert wie die Leistung, die dort angeboten wird!

Das Interview führte Nadine Frank.

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