Traumberuf Kosmetikexpertin – selbstständig oder angestellt?

26.04.2022
Foto: Olga Krivokoneva Photo/Shutterstock.com

Ob Sie sich als Kosmetikerin selbstständig machen oder doch lieber in einem Angestelltenverhältnis tätig werden, ist nicht nur eine Frage der inneren Motivation oder Vorstellungskraft. Worauf es dabei wirklich ankommt, lesen Sie in diesem Beitrag.

Das Schöne an der Kosmetikbranche: vieles ist möglich. Alles kann, nichts muss. Manch einer weiß schon während der Kosmetikausbildung ganz genau, dass es die Selbstständigkeit werden wird. Ein Studio in Berlin-Mitte, Citylage für die gestresste Anwältin, Bürokauffrau oder den Steuerberater, der von seiner Frau nach Feierabend noch schnell zur Fußpflege geschickt wird. Oder doch lieber ein ganzheitliches Massagestudio am Ortsrand, mit kleiner Terrasse im Grünen? Sonntags finden Yoga-Kurse bei Ihnen statt, von Montag bis Freitag bieten Sie Erholungssuchenden ganzheitliche Körperberatung und Wellnessmassagen an. Wie auch immer Sie sich in Ihrer Fantasie das eigene Studio ausmalen, eines steht fest: in der Selbstständigkeit sind Sie ihr eigener Boss. Studiogestaltung, Öffnungszeiten, Schwerpunktsetzung, Marketing, Einkauf, Personalführung – alles aus einer Hand. Das hat nicht nur den Vorteil, dass man selbst „entscheiden“ darf. Man entwickelt auch selbst, man treibt das eigene Business voran, oder wenn es nicht so gut läuft, in den Ruin. Also vielleicht doch lieber das Angestelltenverhältnis? Keine Verpflichtungen wie Mietverträge, Lieferengpässe, verantwortlich dafür sein, dass die Kunden auch tatsächlich kommen – so kann man auch viel entspannter in den Urlaub fahren.

Die Frage, welche Variante es denn nun sein soll, ist nicht nur eine Frage der inneren Motivation. Wer an dem Scheideweg „selbstständig oder angestellt“ steht, kann sich als erstes fragen: bin ich überhaupt der Typ für die Selbstständigkeit? Fühlt es sich für mich gut an, nicht nur die schönen Zeiten zu genießen, sondern halte ich auch dem Druck stand, wenn es zu Komplikationen oder Durststrecken im Betrieb kommt? Denn anders als in einem Angestelltenverhältnis ist in der Selbstständigkeit nicht nur die Kündigung des Arbeitsverhältnisses der denkbar schlimmste Fall. An einem eigenen Geschäft hängt mehr dran. Sind Sie der Typ, der, falls nötig, bis 22.00 Uhr E-Mails beantwortet, sonntags die Buchhaltung prüft, sich in Themen wie Bilanzierung, Marketing, Personalmanagement oder Kennzahlenanalyse einarbeitet?

Entsprechende Fortbildungen an den Wochenenden besucht? Sind Sie bereit, den Sommerurlaub von zwei Wochen auf eine zu verkürzen, weil im Laden „Not am Mann“ ist? All das sind Fragen, die angehende Unternehmerinnen mit einem deutlichen „Ja!“ beantworten sollten. Denn die Erfahrung zeigt uns: es ist äußerst wahrscheinlich, dass in den ersten drei Jahren der Selbstständigkeit diese oder andere Szenarien, die Kraft, Freizeit und persönliches Engagement einfordern, auftreten werden. In der Selbstständigkeit gibt es eben keine vertraglich gesicherten Urlaubstage oder Arbeitspausen. Insbesondere die außerfachlichen Themen wie Betriebsführung, Marketing und Finanzen werden in der Beautybranche von zu vielen Selbstständigen vernachlässigt. Auch das kann sich rächen. Sind Sie bereit, sich auch in den Fächern weiterzubilden, von denen Sie noch gar nichts gehört haben?

Hier ein paar weitere wichtige Punkte, die Sie checken sollten, bevor Sie sich in die Selbstständigkeit stürzen:

  • Bin ich organisiert?
  • Bin ich verantwortungsbewusst?
  • Bin ich risikobereit?
  • Treffe ich Entscheidungen gerne selbst?
  • Bin ich äußerst belastbar?
  • Steht mein Partner/ meine Familie hinter mir?
  • Habe ich ein kaufmännisches Grundverständnis?
  • Möchte ich im Schnitt 12 Stunden täglich arbeiten?

Je mehr Fragen Sie mit „Ja“ beantworten können, umso glücklicher werden Sie in der Selbstständigkeit sein. Diese Liste ließe sich noch fortführen.

Oder doch lieber nicht?

Wem hier schon mulmig geworden ist, kann sich auch andersherum an die Fragestellung herantasten. Was ist mir wichtig, um ein schönes Gefühl beim Arbeiten zu haben? Was brauche ich, um mich am Arbeitsplatz wohlzufühlen? Geregelte Arbeitszeiten, zuverlässige Gehaltsüberweisungen, klare Vorgaben zur Urlaubszeit, wenig außerfachliche Verantwortung? Fortbildungen in speziellen Themen sind auch eher unerwünscht und außerdem möchten Sie gerne noch reisen? Etwa auf einem Kreuzfahrtschiff Erfahrungen sammeln, mal im Spa-Hotel in den Bergen eine Saison den Betrieb unterstützen und dann ins nächste Abenteuer aufbrechen? Wenn Sie diese Fragen eher mit „Ja!“ beantworten, dann dürfte die Tendenz in Richtung Angestelltenverhältnis gehen.

Charakterfragen

Von ebenfalls unschätzbarem Wert ist es, sich selbst und seinen eigenen Charakter zu hinterfragen. Oft haben wir bei unseren Existenzgründergesprächen den Satz gehört: „Ich kann einfach nicht unter jemandem arbeiten. Mit Vorgesetzten komme ich nicht klar!“ Hier könnte der Schluss naheliegen, dass man als sein eigener Chef zumindest dieses Problem nicht mehr haben dürfte, oder?

Dem ist nicht so. Denn Ihre größten Kritiker und Herausforderer werden Ihre Kunden sein. Bin ich bereit Schwächen zu korrigieren und meine Stärken zu optimieren? Ertrage ich negative Internetbewertungen und bin ich grundsätzlich optimistisch, dass sich alles zum Guten wenden wird? Seien Sie ehrlich zu sich selbst. Wenn Sie bereits jetzt nicht in der Lage sind, Ihre Persönlichkeit und Ihr Handeln zu hinterfragen, dann werden das irgendwann Ihre Kunden für Sie übernehmen.

Auch diese Fragen nach der eigenen Persönlichkeit sind also von unschätzbarem Wert, um dem Wunsch nach der „Selbstständigkeit“ auf den Zahn zu fühlen.

Wie alles im Leben haben beide Arbeitsmodelle ihre Vor- und Nachteile. Sollten Sie mit dem Gedanken spielen, sich selbstständig zu machen, ist eine gründliche Vorbereitung wegweisend für den Erfolg! Lesen Sie sich gründlich in das Thema ein, besuchen Sie Existenzgründerkurse oder BWL-Kurse für Kosmetikerinnen. Erstellen Sie unbedingt einen schriftlichen Businessplan. Kostenfreie Vorlagen gibt es im Internet. Selbst wenn Sie diesen nirgendwo einreichen, haben Sie so immer einen schriftlichen Leitfaden in der Hand, mit dem Sie sich an Ihre Ursprungsidee erinnern können, falls sich die Ereignisse während der Gründungsphase und danach überschlagen. Hören Sie nicht auf Hinz und Kunz, aber sprechen Sie mit erfahrenen Vorbildern aus der Branche. Netzwerken ist ein weiterer wichtiger Tipp, den wir Ihnen hier mit auf den Weg geben möchten.

Lutz Kranepuhl - Von Beginn an hat der Autor das Entstehen der Vital Kosmetikakademie begleitet. Heute ist er der Geschäftsführer und kümmert sich um die Beratung von Kursinteressenten.

www.vital-kosmetikakademie.de

Lesetipp:

Eine klare Leseempfehlung an dieser Stelle für alle angehenden Existenzgründerinnen: „Schatz, ich mach mich grad mal selbstständig!“. Mit diesem Buch erhalten Sie eine wichtige Step-by-Step-Anleitung für den Weg durch die Existenzgründung im Beauty-Business.

www.vital-kosmetikakademie.de/buch.php

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