Sie ist das Erste, das die Kundin bei einem Kosmetikprodukt wahrnimmt: die Verpackung! Neben optischen spielen aber auch ökologische Aspekte eine wichtige Rolle. Wir haben nach den Trends für 2020 gefragt.
Unser Experte
Arne Fehlhaber hat über 20 Jahre Agenturerfahrung. Seit Oktober 2018 ist er Managing Partner und Creative Head bei der inhabergeführten Hamburger Designagentur „brandpack“, die sich auf Markenentwicklung und Verpackungsdesign sowie dessen technische Realisierbarkeit versteht.
BEAUTY FORUM: Was sind die Trends bei Kosmetikverpackungen – woran kommt die Kosmetikerin 2020 nicht vorbei?
Arne Fehlhaber: Ganz klarer Trend ist der ganzheitliche Ansatz von Produkt und Verpackung: von Cradle-to-Grave hin zu Cradle-to-Cradle.
Cradle-to-Cradle meint eine durchgängige und konsequente Kreislaufwirtschaft von Produkt und Verpackung. Dahinter steckt die Idee, von Anfang an in kompletten Kreisläufen zu denken und auf diese Art erst gar keinen Müll im herkömmlichen Sinn entstehen zu lassen. Begriffe wie „Ökologisch“, „Umweltfreundlich“ oder „Nachhaltig“, werden obsolet. Kostbare Ressourcen werden nicht mehr unnötig verschwendet, weil die Verpackung nicht entsorgt, sondern wiederverwertet wird.
Produkt und Verpackung sollten gemeinsam entwickelt und auch deren Entsorgung dabei direkt berücksichtigt werden. Mit dem Ziel, dass alle verwendete Materialien nach Gebrauch weiterverwendet oder zumindest ohne schädliche Rückstände kompostiert werden können.
Es gibt bereits neue Produktkategorien, die umweltbewusster produziert werden, wie beispielsweise Shampoo Bars. Diese werden nicht nur mit weniger Wasser produziert, sondern enthalten auch kein Wasser oder andere flüssige Bestandteile und benötigen daher keine Kunststoffverpackung. Denn die Vermeidung von Mikroplastik wird uns weiterhin beschäftigen und es werden neue nachhaltige Materialien gefordert. Auch hier wird ein Umdenken bei der Produktentwicklung helfen, um Produkt und Verpackung optimal aufeinander abzustimmen.
Und welche Trends gibt es noch in der Kosmetikbranche, die sich auf die Verpackung auswirken werden?
Der Kosmetikmarkt zeigt sich aktuell mit zwei Trendrichtungen. Zum einen die Naturkosmetik, die einen regelrechten Boom erlebt. Hier sollen Produkt, Inhaltsstoffe und die Verpackung möglichst natürlich sein. Und zum anderen die High-Performance-Produkte, die eher wissenschaftlich-technisch sind und hohe Wirksamkeit versprechen.
Und dabei sind sie visuell klar zu unterscheiden: die Naturkosmetik zeigt sich aktuell eher in erdigen Naturtönen, wohingegen High-Performance-Produkte meist in hochveredelten, manchmal fast schon medizinisch wirkenden Verpackungen zu finden sind.
Dabei sind beide Trends nachvollziehbar. Denn mit den ersten Alterserscheinungen von Haut und Co. wird die Wirksamkeit der Produkte wichtiger und die High-Performance-Produkte rücken mehr in den Fokus. Spannend daher auch die Entwicklung von Produktkonzepten, die Natur und Wissenschaft verbinden.
Aber auch individualisierte Kosmetik wird weiter Thema sein.
Gibt es 2020 etwas völlig Neues auf dem Markt?
Auch erste Nachfüllkonzepte bei Pflege- und Kosmetik-Produkten sind auf dem Markt zu finden. Von nachfüllbaren Deo-Sticks bis zu Refillern für Tiegel. Das Prinzip geht so: Ist das Produkt aufgebraucht, wird einfach die umweltfreundliche Refill-Packung nachgekauft und im Originalbehälter ausgetauscht. Hier sollte natürlich die Nachfüll-Verpackung nicht genauso aufwendig hergestellt sein, wie die eigentliche Verpackung.
Auch portionierte Produkte in Kleinstmengen sind weiterhin gefragt – mit dem Spagat zwischen Nutzen und Nachhaltigkeit.
Das heißt aber auch, dass sich bei der Markenkommunikation etwas verändern wird?
Ehrlichkeit und Transparenz werden gefordert. Die Kunden möchten wissen, was in ihrem Produkt ist, wo es herkommt und wie es verpackt ist. Und auch, welche generelle Haltung das Unternehmen hat.
Dabei ist es sehr wichtig, dass das, was kommuniziert wird, auch zum Markenkern passt – eine hochperformige, technische Marke, die plötzlich im „Bio-Look“ im Regal steht, wäre nicht glaubhaft und würde vielleicht sogar den Stempel „Greenwashing“ bekommen. Oder in die andere Richtung gedacht: Wie viel Farbe und Druckveredelung in Form von Folien und Lacken passen zu meiner Naturkosmetik-Marke und meinem Produkt?
Aber eins ist sicher und sichtbar: Nachhaltige Produkte dürfen Spaß machen! Das ist einfach, wenn das Thema Nachhaltigkeit schon im Markenkern verankert ist. Kleine Start-ups machen es vor, sie trauen sich und präsentieren ihre Produkte mit teilweise außergewöhnlichen Designs selbstbewusst im Regal. Durch ihre Spezialisierung sind sie meist in ihrer Nische glaubwürdiger als die großen, bekannten Marken.
Wie entscheidet man, auf welchen Trend man aufspringen sollte?
Die Antwort darauf sollte die Marke liefern. Was bietet der Markenkern an sich und inwiefern lässt er sich vielleicht stretchen? Kompetenz und Glaubwürdigkeit sind auch hier die wichtigsten Faktoren. Und anstatt jeden Trend mitzunehmen, geht es vielmehr darum, den Zeitgeist zu erkennen.