Heilpflanzen aus Klostergärten

30.11.2018
Im Kräutergarten des ehemaligen benediktinischen Klosters Wessobrunn wurde ein barocker Heilpflanzengarten und Färbergarten nach historischem Vorbild rekonstruiert. Fotos: Martina Gebhardt

Das Altern der Haut musste im Mittelalter nicht vertuscht werden. Das Gegenteil sogar war der Fall: Zu dieser Zeit war es ein erstrebenswerter und respektierter Zustand zu altern, den nicht viele Menschen erreichten. Das Alter hatte ein hohes Ansehen in der Gesellschaft und wurde gleichgesetzt mit Weisheit, Wissen und Erfahrung. Manche Eitelkeiten gab es natürlich trotzdem, vor allem für höhergestellte Frauen war gebleichte Haut erstrebenswert, was leider durch fragwürdige, oft sogar giftige Mittel erreicht wurde. Für solche Angelegenheiten konnte man sich beispielsweise an einen Bader wenden, dessen Tätigkeiten unter anderem das Badewesen, die Körperpflege und die Kosmetik umfassten. Allerdings war dies ein Heilberuf ohne wissenschaftliche Ausbildung. Im Gegensatz dazu entwickelten sich wissenschaftlich ausgelegte Klosterapotheken.

Heilende Klosterkunde

Klöster waren bereits früh mit dem Thema „Heilen und Pflegen“ betraut, allen voran die benediktinischen Klöster. Für Malträtierungen wie die Bleichung der Haut und andere Eitelkeiten des hohen Standes waren diese jedoch nicht gedacht.

Der heilige Benedikt legte bereits im 6. Jahrhundert ein Regelwerk fest, das später vom gesamten Mönchs- und Nonnentum angenommen wurde. Dieses besagt, dass schwachen und kranken Menschen Fürsorge zu leisten ist. Sein wegweisendes Regelwerk führte dazu, dass dem Heilwesen eine große Bedeutung zugemessen wurde. Ab diesem Zeitpunkt wurde nach einem eher wissenschaftlich orientierten Aufbau des Heilpflanzenwissens geforscht und Anwendungen entwickelt. Die Klöster richteten Apotheken und Krankenstationen ein, die für einen Gotteslohn nicht nur reiche, sondern auch arme Menschen behandelten.

Das Thema Schönheit und ewige Jugend, so wie es sich bei uns heute in der Kosmetikindustrie etabliert hat, stand damals weniger im Vordergrund. Bei der Hautbehandlung ging darum, eine von einer Hautkrankheit befallene Haut wieder zu heilen.

Gesundheit vor Schönheit

Frühzeitig haben verschiedene Klöster ihre eigenen Kräutergärten angelegt und über Jahrhunderte mittels ihrer Handelsbeziehungen zu fremden Ländern Saatgut eingeführt und weitervermehrt. Förderlich war die Tatsache, dass Mönche und Nonnen im Schreiben unterwiesen waren, ja ganze Skriptorien unterhielten, in denen Bücher geschrieben wurden, die die Beobachtungen der Natur, die Verarbeitung und Anwendungen der Heilkräuter und deren Wirkungen behandelten. Auch überliefertes Volkswissen über die Anwendungsmöglichkeiten der Kräuter wurde in den Klöstern erfasst und in lateinischer Sprache niedergeschrieben. So konnte sowohl das Kräuterwissen für die Nachwelt bewahrt als auch neues Wissen über Heilpflanzen direkt angewandt werden. Die Klostergärten gewährleisteten, dass frische Pflanzen für die Heilmittel und Salben verarbeitet wurden, um eine höchstmögliche Wirkung und Haltbarkeit zu erreichen. Auch äußerliche Anwendungen waren keine Seltenheit, denn die Haut war pflegebedürftig.

Hautpflege aus dem Kloster

Die historischen Salben basierten auf Wollwachs (Lanolin), Bienenwachs und Sonnenblumenöl und wurden mit entsprechenden Extrakten aus Heilpflanzen kombiniert, die frisch aus den Klostergärten geerntet wurden. Erst später entdeckte man, dass Pflanzen, die man seit dem Mittelalter bereits als wirksame Heilmittel für die Verdauung oder bei der Bekämpfung von Erkältungen kannte, auch sehr gut bei allerlei Hautleiden halfen. Hierzu gehören beispielsweise Pflanzen wie Salbei, Kamille, Kalmus, Johanniskraut oder Pfefferminze.Klosterkräuter wurden auch als Färberpflanzen angebaut. Diese gehörten damals obligatorisch in jeden Klostergarten, denn aus ihnen wurden die Tinten für die Bücher und für das Einfärben von Stoffen hergestellt. Diese Färberpflanzen enthalten aber auch Wirkstoffe wie Tannin, Carotinoide und Flavonide, die entzündungshemmend und antioxidativ auf die Haut wirken.

Wirksame Pflanzenkraft

Mit der Zeit entdeckte man in den Klöstern, dass sich die Pflanzenwirkstoffe, die zuvor zur Genesung von Krankheiten oder als Färberpflanzen für Tinte verwendet wurden, auch hervorragend zur äußeren Anwendung für die Hautpflege eignen.

Pflanzenkraft für innen und außen:
  • Salbei wirkt durch seinen hohen Gehalt an ätherischen Ölen gegen Husten und Heiserkeit. Er hilft aber auch bei unreiner Haut, da er für eine bessere Verstoffwechselung sorgt.
  • Kamille ist ebenso ein Klassiker und heute nicht weniger beliebt. Sie wirkt mit ihrem hohen Azulengehalt nicht nur bei Magenleiden, sondern auch bei Hautentzündungen.
  • Kalmus ist ebenfalls eine typische Pflanze des Mittelalters und wurde durch die Klöster aus dem Orient nach Europa geholt. Damals eine klassische Arznei bei Hautgeschwüren, heute ist er immer noch wichtiger Bestandteil in vielen Kräuterlikören, z.B. gegen Magenverstimmungen.
  • Johanniskraut, Calendula, Schafgarbe, Melisse, Pfefferminze, Malve oder Spitzwegerich zählen gemeinhin zu den Klosterkräutern. Heute werden viele dieser Heilpflanzen innerlich wie äußerlich seit Jahrhunderten in der Naturheilkunde eingesetzt.
  • Wirkung der Färberpflanzen:
  • Gerbstoffe wie das Tannin (enthalten im Odermennig, Frauenmantel und der Walnuss) wirken auf der Haut adstringierend und keimhemmend. Auf den Textilfasern oder Papier bzw. Pergament, erhöhte es die Haftung der Farbe und ihre Lichtechtheit.
  • Carotinoide wie das Karotin der Karotte enthalten das berühmte Hautvitamin A.
  • Flavonoide, die wegen ihrer hervorragenden Antioxidanzien der Alterung der Haut entgegenwirken (enthalten z.B. in Schafgarbe, Kamille, Frauenmantel, Johanniskraut, Salbei).
  • Bei der dekorativen Naturkosmetik (Make-up oder Nagellacke) können pflanzliche Farbstoffe (oder auch tierischer wie Karmin) chemisch-synthetische Zusätze ersetzen.

Martina Gebhardt - Sie gründete 1986 das gleichnamige Unternehmen. Die Biopionierin produziert seither Naturkosmetik. Ihr gesamtes Sortiment ist Demeter-zertifiziert. 2014 erwarb die ausgebildete Architektin das Kloster Wessobrunn in Oberbayern als Firmensitz.

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