Die Vorstellung, dass unsere Haut mit einer Vielzahl an Bakterien besiedelt ist, hört sich irgendwie gruselig an. Doch diese Kleinstlebewesen sind nun mal der Bestandteil einer natürlichen Hautflora. Wir haben Dermatologin Dr. Miriam Rehbein gefragt, wie Bakterien auf der Haut funktionieren und warum sie wichtig für eine gesunde Haut sind.
Zur Person
Dr. Miriam Rehbein ist Ärztin für ästhetische und Lasermedizin und Inhaberin der Gemeinschaftspraxis „Dermatologie am Friedensengel“ in München.
1. BEAUTY FORUM: Welche „guten“ oder „notwendigen“ Bakterien gibt es und was leisten sie auf der Haut?
Dr. Miriam Rehbein: Unsere Hautoberfläche besitzt eine Art Schutzfilm, der aus unzähligen Bakterien besteht, die den Körper vor krankmachenden Keimen schützen, indem sie ihm sozusagen selbst das Futter/den Nährboden entziehen.
Zu den dicht besiedelten Körperregionen zählt der Dickdarm, der eine Reihe an nützlichen Darmbakterien wie Milchsäure- und Bifidobakterien Eubacterium, Lactobacillus beherbergt. Ohne dieses Sammelsurium an Bakterien wäre es dem Körper nicht möglich, viele elementare Nährstoffe aus der Nahrung zu verwerten, zudem helfen Sie dem Immunsystem dabei, krankmachende Bakterien unschädlich zu machen.
2. Wie viele Bakterien auf der Haut sind denn eigentlich gesund?
Zu diesem Thema gehen die Meinungen stark auseinander. Während die weit verbreitete Meinung ist, dass Bakterien rund zwei Kilogramm unseres Körpergewichts ausmachen, haben neuere Studien diesen Wert bereits widerlegt.
Da sich aber sicher sagen lässt, dass der Bakteriengehalt von zwei gesunden Menschen stark unterschiedlich sein kann, kann man auf diese Frage nur schwer eine genaue Antwort geben.
3. Welche krankheitserregenden Bakterien gibt es dazu im Gegensatz?
Es gibt zu den nützlichen Bakterien vergleichsweise nur einen Bruchteil an Bakterien, die Krankheiten auslösen können. Sie machen gerade mal ein Prozent aus, können aber, wenn sie in den Körper eindringen und Stoffwechselprodukte produzieren, letztlich zu gesundheitlichen Beschwerden führen.
4. Gibt es Bakterien, die besonders häufig auf der Haut vorkommen?
Zu den bekanntesten Bakterien zählen Salmonellen, E.coli, Staphylokokken und Streptococcus pyogenes. Diese können zum einen Lebensmittelerkrankung, Hautabszesse, schwere Infektionen oder eine Blutvergiftung auslösen.
5. Und welche Haut-Krankheitsbilder sind dann bakteriell bedingt?
Da gibt es etliche. Am häufigsten findet man sicherlich Wundinfektionen. Hier reicht das Spektrum von minimal über große eitrige und sogar lebensbedrohliche Wundinfektionen und Wundheilungsstörungen.
Zu den bakteriell bedingten Krankheitsbildern, die häufig auftreten, zählt unter anderem auch das Erysipel, Karbunkel und schwere Hautabszessen, aber auch Scharlach mit den typischen Haut- und Schleimhautveränderungen ist beispielsweise bakteriellen Ursprungs.
6. Unterscheidet sich der Bakteriengehalt bei den verschiedenen Hauttypen und gibt es Hauttypen, die anfälliger sind für bakterielle Infektionen?
Grundsätzlich unterscheidet sich der Bakteriengehalt von Mensch zu Mensch als auch von Körperregion zu Körperregion deutlich. Vor allem der Vergleich zwischen jungen und älteren Personen und auch die Einnahme von Medikamenten verändert den Bakteriengehalt.
Hauttypen, die zu trockener Haut mit Neurodermitis neigen, sind anfälliger für bakterielle Infekte aufgrund der gestörten Hautbarriere-Funktion, wodurch sich Keime leichter in den Hautschüppchen festsetzen können. Auch Diabetiker sind gefährdeter durch bakterielle Infektionen sowie alle Menschen mit Immundefekten und gestörter körpereigener Abwehr.
7. Wie schützt man am besten die gesunde Hautflora und wann ist es zu viel?
Man sollte zu häufiges und heißes Duschen vermeiden und es auch sonst mit der Hygiene nicht maßlos übertreiben, da die Haut sonst viele „gute Bakterien“ verlieren kann. Vor allem kleine Kinder sollte man mit übertriebener Hygiene verschonen, da das Immunsystem lernen muss, welche Keime dem Körper nutzen und welche schädlich sind.
Für alle Erwachsenen ist es wichtig, Pflege zu benutzen, welche die Hautbarriere stärkt und nicht schwächt. Auch sollte Pflege genutzt werden, welche den Hautzyklus anregt und so einen gesunden Zell-Turnover garantiert wie beispielsweise Produkte mit Retinol.
Daher habe ich vor Jahren mit der Forschung in diesem Bereich begonnen. Wichtig ist bei Pflegelinien der Verzicht auf alles, was der Haut schaden kann. Daher sollte die Pflege kein Mikroplastik, keine Parabene, keine Konservierungsstoffe und keine künstlichen Duftstoffe enthalten.
Das Interview führte Maxi Goewe