Schwarz macht schön

11.08.2016
Dasha Petrenko / Shutterstock.com

Trendwirkstoff Aktivkohle – Pflegeprodukte mit dem Inhaltsstoff Aktivkohle
haben den Beautymarkt schon seit einiger Zeit erobert. Die Journalistin
Ina Volkmer hat für uns in Sachen „schwarze Kosmetik“ recherchiert.

Egal ob Shampoo, Duschgel, Seife, Peeling oder sogar Zahnpasta oder Deodorant – Produkte mit Aktivkohle findet man heute in jedem Kosmetikregal. Doch was können die Pflegeprodukte mit Aktivkohle eigentlich wirklich?

Einsatz in Medizin und Industrie

In der Medizin ist Aktivkohle schon seit Langem bekannt, zum Beispiel in Form von Kohletabletten, die bei Magen-Darm-Beschwerden zum Einsatz kommen. Sie helfen, indem sie Giftstoffe im Darmtrakt binden, z. B. bei Durchfallerkrankungen. Auch im industriellen Bereich wird Aktivkohle - unter anderem als Filtermaterial in Belüftungs- oder Wasseraufbereitungsanlagen - eingesetzt.

Aktivkohle in Kosmetik

Die Kosmetikhersteller setzen in ihren Produkten auf die adsorbierende Wirkung der Aktivkohle. Produkte, die diesen Inhaltsstoff enthalten, sollen die Haut ganz besonders gründlich reinigen und Schadstoffe, Talgablagerungen, Schmutz und Bakterien „magisch anziehen“, sodass die Haut porentief, aber mild gereinigt wird. Wissenschaftler schreiben der Aktivkohle wegen ihrer Schwammstruktur das Talent zu, Öl und Bakterien zu adsorbieren. Die Struktur führt zu einer großen Oberfläche der Kohle und dies wiederum macht es leicht, Substanzen anzuziehen und zu binden. Sogar Zahnverfärbungen sollen die feinen Kohlepartikel wie ein hoch effektiver Schmutzmagnet entfernen können.

Was ist Aktivkohle?

Zunächst einmal muss man verstehen, was genau hinter der Aktivkohle steckt. Der Inhaltsstoff entsteht durch das Erhitzen von pflanzlichen, tierischen, mineralischen oder chemischen Stoffen. Demnach entsteht Pflanzenkohle zum Beispiel aus Holz, Torf, Braun- oder Steinkohle, Tierkohle aus tierischem Blut oder Tierknochen und Zuckerkohle aus Zuckermelasse, einem Abfallprodukt des Zuckerrohrs bei der Zuckerherstellung. Aktiviert wird die Kohle durch eine Reaktion mit Chemikalien oder Gasen, daher der Begriff Aktivkohle.

So funktioniert´s

Aufgrund ihrer adsorbierenden Wirkweise wird Aktivkohle in der Industrie meist zur Entfernung unerwünschter Farb-, Geschmacks- und Geruchsstoffe aus Gasen, Dämpfen und Flüssigkeiten eingesetzt, zum Beispiel bei der Abwasserreinigung. Auch Spirituosen wie Wodka oder Rum werden mit Hilfe von Aktivkohle von Farb- und Aromastoffen gereinigt. Hinter dieser Reinigungskraft steckt ein physikalischer Anlagerungsprozess. Durch ihre große Oberfläche kann die Kohle aufgrund molekularer Anziehungskräfte große Mengen anderer Stoffe adsorbieren und anlagern, am liebsten Moleküle wie Fette und Öle. Daraus ließe sich schließen, dass Aktivkohle auch im Rahmen von Pflegeprodukten wie Peelings und Cremes die Haut von Schmutz und Fetten reinigen kann.
Aktivkohle wirkt im Prinzip wie eine Art Schwamm. Ist dieser jedoch vollgesogen, kann er nichts mehr aufnehmen, es sei denn, man wringt ihn vorher aus. Seine Aufnahmefähigkeit ist also begrenzt, was eine Schwachstelle der schwarzen Kosmetik darstellen könnte. „Das Bild einer gesättigten Aktivkohle sollte man jedoch nicht grundsätzlich mit einer schlechten Wirkung gleichsetzen, denn die Vereinfachung eines komplizierten Prozesses ist nicht immer zielführend“ , gibt der Chemiker und Pharmakologe Dr. Christian Rimpler zu bedenken. „Die Einbringung von Stoffen mit reaktiven Oberflächen kann immer ein spannendes Ergebnis hervorbringen, denn die Flüssigkeit-Feststoff-Austauschprozesse an den Phasengrenzen sind ein ganz besonderer Fachbereich der modernen Chemie und Grundlage der gesamten Katalysatorenforschung.“

Kosmetische Wirksamkeit

Studien aus dem medizinischen und industriellen Bereich bestätigen eine Wirksamkeit der Kohle. Wissenschaftliche Studien aus der Kosmetik liegen bisher noch keine bzw. keine der Öffentlichkeit zugänglichen Studien vor. „Was die kosmetische Wirksamkeit betrifft, so beruht diese im Wesentlichen auf der überproportional großen Oberfläche im Verhältnis zum Gewicht“, erläutert Dr. Rimpler. „Deshalb wird die ‚aktivierte Kohle‘ auch als Absorber in Kosmetik und Medizin gerne eingesetzt. Es muss differenziert betrachtet werden, wie ein Kosmetikum mit Kohle ausgelobt ist. Steht die reinigende und klärende Wirkung im Vordergrund, sollte die Kohle als trockenes, hochaktives Pulver zur Verfügung stehen und erst kurz vor der Anwendung zu einem gebrauchsfertigen Produkt angemischt werden. Ist die Kohle aber womöglich als stabilisierendes Hilfsmittel für empfindlichere Aktivstoffe im Einsatz, kann sie als Wirkstoffdepot dienen und die Freisetzung über einen längeren Zeitraum erfolgen.“

Gesundheitlicher Aspekt

Ob es bei schwarzer Kosmetik gesundheitlich bedenkliche Aspekte zu beachten gilt, wollte ein Forscherteam von Öko Test wissen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) und das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) bestätigten auf Nachfrage, dass sich bei der Herstellung der Aktivkohle sogenannte „polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe“ – kurz PAK – bilden können, die beim Verbrennungsprozess entstehen. Einige dieser PAK können krebserregend sein. Daher sind PAK laut EU-Kosmetikverordnung in Pflegeprodukten verboten. Dr. Rimpler erklärt dazu: „Solche Meldungen muss man differenziert betrachten. Wenn ein Hersteller gemäß aktueller Gesetzgebung seine Produkte innerhalb der EU verkehrsfähig auf den Markt bringt, dann gehört dazu immer auch eine Sicherheitsbewertung eines ausgewiesenen Spezialisten dazu. Sollte bei sachlicher Betrachtung tatsächlich das Risiko bestehen, mit Stoffen in einer Konzentration in Kontakt zu kommen, die dann möglicherweise krebserregend sein könnten, würde man für ein Kosmetikum unter Abwägung des Risiko-Nutzen-Verhältnisses niemals eine Freigabe und Unterschrift bekommen. Es gibt unzählige Beispiele dafür, dass aufgrund der heutigen Hochleistungsanalytik man in Kontakt mit krebserregenden Stoffen kommen kann, ohne jemals tatsächlich ein echtes
Risiko einzugehen.“

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