Selten war ein Thema so präsent: Kunden achten zunehmend darauf, ob die aktuellen Corona-Schutzmaßnahmen eingehalten und hygienische Arbeitsabläufe umgesetzt werden. Deshalb ist die Umsetzung eines betrieblichen Hygienekonzeptes im Kosmetikinstitut ein wichtiger Aspekt, gerade bei Behandlungen wie Microblading und Co.
Jetzt werden vielleicht einige von Ihnen denken: Ist das nicht etwas übertrieben? Ganz und gar nicht! In medizinischen Einrichtungen spricht man von nosokomialen Infektionen. Das sind Infektionen, die Patienten durch eine medizinische Maßnahme bei einem Krankenhaus- oder Praxisaufenthalt bekommen haben. Auch im Kosmetikinstitut sind solche nosokomialen Infektionen möglich.
Wir haben mittlerweile in der Kosmetik ähnliche Hygieneanforderungen, wie sie in der Medizin gängige Praxis sind. Ziel ist es, das Bewusstsein für infektionsgefährdete Behandlungen zu schärfen. Wenn wir invasive Beauty-Behandlungen durchführen, haben wir auch die Verantwortung dafür, dass wir dabei geltende Hygienestandards einhalten und damit uns und unsere Kunden vor möglichen Infektionskrankheiten schützen.
Übertragung von Infektionen
Während meiner Tätigkeit als Permanent Make up-Trainerin konnte ich erleben, wie leichtfertig selbst langjährig ausgebildete Permanent Make up- und Microblading-Artists mit hygienischen Arbeitsabläufen umgingen. Da wurde schnell mal mit den kontaminierten Handschuhen die gerillte Pigmentflasche geöffnet, um Farbe zu entnehmen, mit der Pipette die Pigmentfarbe in das PMU-Gerät geträufelt, Betäubungsmittel aus dem Schubfach genommen oder die Höhe des Behandlungsstuhls mit dem seitlichen Griff eingestellt und anschließend weiterbehandelt. Bei diesen alltäglichen Arbeitsschritten werden Blut und Wundflüssigkeit auf Gegenständen verteilt, die anschließend nicht vollständig desinfiziert werden können.
Risiko Hepatitisviren
Hepatitis B ist eine vom Hepatitis-B-Virus ausgelöste Infektionskrankheit, die eine leichte bis schwere Leberentzündung hervorrufen und unter Umständen auch einen chronischen Verlauf nehmen kann. Leberzirrhose sowie Leberzellkarzinom können mögliche Spätfolgen sein.
In medizinischen Berufen ist die Hepatitis B als Berufskrankheit längst anerkannt. Das Risiko, sich bei einer Nadelstichverletzung mit dem Hepatitis-B-Virus zu infizieren, liegt deutlich höher als in anderen Berufen. Die Kosmetikerin ist dem gleichen Risiko ausgesetzt.
Bei rund 350 Millionen Menschen weltweit ist das Hepatitis-B-Virus im Blut nachweisbar. Viele Menschen wissen nicht einmal, dass sie jemals mit dem Erreger in Kontakt waren, können aber nachweislich stiller Überträger des Virus sein (so auch unsere Kunden).
Merke: Ein konsequentes Hygienemanagement, ein Einsatz von viruziden Desinfektionsmitteln und eine Schutzimpfung gegen Hepatitis B können die Ansteckung mit diesem hochinfektiösen Virus verhindern. Eine Impfung gegen das Hepatitis-C-Virus gibt es noch nicht!
Betrieblicher Hygieneplan
Nach dem Infektionsschutzgesetz sind Einrichtungen und Personen, die infektionsgefährdete Behandlungen durchführen, verpflichtet, einen betrieblichen Hygieneplan zu erstellen! Hier werden alle hygienerelevanten Schutzmaßnahmen detailliert aufgeführt, und Teile des Hygieneplanes müssen für alle ersichtlich ausgehängt werden. In speziellen Hygienesachkunde-Lehrgängen (mindestens 38 bis 40 Unterrichtseinheiten) kann sich die Institutsleitung beziehungsweise Kosmetikerin entsprechende Fachkenntnisse aneignen.
Die Institutsleitung hat dafür Sorge zu tragen, dass alle aufgeführten Maßnahmen täglich angewendet und Neuerungen regelmäßig im Hygieneplan erfasst werden. Die Mitarbeiter müssen darüber informiert und mindestens einmal im Jahr geschult werden.
Mit einem „betrieblichen Hygieneplan“ und dem „Nachweis über die Erlangung der Hygienesachkunde“ zeigen Sie dem Kunden, dass Sie sich mit dem Thema „Hygiene in der Kosmetik“ und „Einhaltung von geltenden Hygienestandards“ auseinandergesetzt haben und diese in Ihrem Institut anwenden.
Beispiel-Szenario
Während eines PMU, Microblading oder Microneedling kommen meine Handschuhe mit Blut und Wundsekret in Kontakt. Greife ich nun zum Beispiel an die Pigmentflasche, die Betäubungsmittelflasche, die Desinfektionsmittelflasche, die Lupenlampe, den Behandlungswagen oder die Schublade, besteht die Gefahr, dass ich mögliche Krankheitserreger wie Hepatitis B-, Hepatitis C- und HI-Viren in meinem Arbeitsumfeld verteile.Hepatitis-B- und -C-Viren kommen bei Infizierten in hohen Konzentrationen im Blut und im Wundsekret vor und bleiben sowohl in Flüssigkeiten als auch in getrocknetem Zustand über einen längeren Zeitraum (mehrere Tage und Wochen) stabil.
Berühre ich nun bei der nächsten PMU-Behandlung, auch einige Tage später, beispielsweise wieder die Pigmentflasche, besteht jetzt die große Gefahr, die noch aktiven Viren über die geöffnete Hautbarriere auf die nächste Kundin zu übertragen. Ebenfalls besteht das Risiko, mich selbst über eine Hautläsion oder Schleimhautkontakt (Augen, Mund-Nasen-Bereich) mit den Viren zu infizieren.
- Alle hygienerelevanten Arbeitsabläufe
- Corona-Hygieneschutzmaßnahmen
- Hautschutz- und Händehygieneplan
- Händedesinfektionsplan
- Reinigungs- und Desinfektionsplan
- Sicherheitsdatenblätter
- Arbeitsanweisungen für Mitarbeiter
- Checklisten zur Dokumentationspflicht
- Risikobewertungen und Gefährdungsbeurteilung
- Erste-Hilfe-Maßnahmen
- Verhalten bei einer Nadelstichverletzung
- Dokumentation von Mitarbeiterschulungen
Die Autorin ist Hygienebeauftragte und Geschäftsführerin von Dwornicki Medizinkosmetik Berlin GmbH. www.hygienekurs-online.de